Merzig. Was tun, wenn es knirscht und kracht in der Familie und der Nachwuchs auffälliges Verhalten zeigt? Joachim Bechtold, Oberarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am SHG-Klinikum Merzig, zeigte bei einem Vortrag in der CEB-Akademie Gründe und Handlungsmöglichkeiten auf.
„Die Krankheitsbilder, mit denen wir es zu tun haben, sind immer auch im Kontext der gesellschaftlichen Entwicklung und der individuellen Entwicklung eines Kindes zu sehen“, steckte Bechtold den Rahmen ab. So habe man vor über 100 Jahren die Eltern noch gesiezt. „Heute nennen die Kinder ihre Eltern oft beim Vornamen oder sagen einfach „Oller“ zu ihnen“, schmunzelt Bechtold. Und ein Verhalten, das bei einem Fünfjährigen durchaus normal sei, könne bei einem 15-Jährigen pathologisch sein. „Es gibt keine allgemeingültige Lösung und kein Patentrezept, das für alle passt“, so Bechtold. Man müsse in jedem Einzelfall genau hinschauen.
Ein großes Problem für Eltern sei heutzutage, dass Leitbilder fehlten. „Ich glaube es herrscht eine große Verunsicherung darüber, was Erziehung darf und soll, aber auch darüber, was Erziehung woanders zu leisten hat.“ Der Einfluss des Umfeldes auf die Entwicklung eines Kindes dürfe nicht unterschätzt werden, gerade auch nicht das Vorbild der Eltern. Je prägnanter das Verhalten eines Elternteils, desto eher färbe dieses auf ein Kind ab. Beispiel: „Wenn der Vater Kettenraucher ist, dann wird das Kind entweder auch Kettenraucher oder es wird zum militanten Nichtraucher. Ein entspannter Umgang mit dem Rauchen wird dem Kind sicherlich schwerfallen.“
Pauschale Zuweisungen, wer denn nun an einer psychischen Erkrankung eines Kindes „schuld“ sei, müsse man aber auf jeden Fall vermeiden. Außerdem: „Diese gehen fast immer an der Wahrheit vorbei.“ Der Ansatz müsse sein, nach vorne zu schauen.
Bechtold sprach im Rahmen der Vortragsreihe „Prävention und medizinische Behandlung für und in der Region Merzig-Wadern“, einer gemeinschaftlichen Aktion von Klinikum und CEB-Akademie.